Montag, Oktober 10, 2005

Filmreview: Sleepy Hollow (USA, 1999)

Seit einigen Jahren wird das Dorf Sleepy Hollow von blutigen Morden heimgesucht, bei denen der abgetrennte Kopf der Opfer stets verschwunden blieb. Die Bewohner glauben, daß für die Morde ein kopfloser Reiter verantwortlich ist. Es soll sich dabei um den ruhelosen Geist eines hessischen Söldners handeln, der 20 Jahre zuvor in den Wäldern nahe bei Sleepy Hollow in einem Hinterhalt getötet wurde.
Im Jahre 1799 wird Constable Ichabod Crane mit der Aufklärung der Morde beauftragt. Crane gibt wenig auf den Aberglauben der Bevölkerung, und ist entschlossen, mit wissentschaftlichen Methoden zu beweisen, daß der Mörder aus Fleisch und Blut ist und ihn letztendlich zu überführen.
In Sleepy Hollow angekommen stellt sich dies jedoch als überaus schwierig dar. Nicht lange nach seiner Ankunft gibt es bereits ein weiteres kopfloses Mordopfer. Zudem scheinen der Bürgermeister und einige weitere einflussreiche Personen etwas zu verbergen zu haben.

Jonny Depp als Constable Crane versucht den Geschehnissen im Dorf mit einer streng rationalen Herangehensweise auf den Grund zu gehen. Die Anwendung seiner modernen Ermittlungsmethoden, etwa bei der Sektion der Mordopfer, sorgt dabei für die eine oder andere schwarzhumorige Szene. Wenn er etwa den Halsstumpf eines Opfers mit einer Vergrösserungsbrille begutachtet und vor einem herauskriechenden, ins riesenhafte vergrössertem Käfer erschrickt. Womit das Stichwort für die Härte des Films gegeben wäre. Bei jedem Mord des Reiters gibt einen abgeschlagenen Kopf zu sehen, wobei alles von der Kamera gezeigt wird. Allerdings ist ganze realtiv unblutig und nicht ausufernd brutal dargestellt. Die Härte relativiert sich dadurch, eine Splatterorgie erwartet den Zuschauer durchaus nicht. Die Köpfungen sind eher comichaft und unterstreichen den leicht ironischen, sarkastischen Unterton des Filmes.

Das herrausragende Merkmal von Sleepy Hollow ist die Optik. In allen Szenen herrscht eine düstere, von grau dominierte Farbgebung vor. Die Kullissen sind dabei stets opulent ausgestattet, der Zuschauer wird in eine merkwürdige, düstere Welt im Amerika des 18. Jarhunderts versetzt. Der klassische Soundtrack, mit dem die Bilder unterlegt sind, tut sein übriges dazu, eine mystische oder dramatische Stimmung zu vermitteln.

Hauptkritikpunkt ist für mich die Inszenierung der Auftritte des kopflosen Reiters. Um wirklich Angst und Schrecken auszustrahlen, ist er für den Zuschauer auf dem Bildschirm zu häufig präsent. Zu Beginn sind die Erscheinungen und Morde des Reiters noch ausserordentlich Unheimlich. Man bekommt nur die schwarze Silouette eines Kopflosen auf einem riesiegen, schwarzen Pferd zu sehen, der sich durch donnernde Hufschläge ankündigt, um dann plötzlich aus der Dunkelheit heraus seine Opfer zu enthaupten. Im weiteren Verlauf des Films bekommt der Zuschauer den Reiter allerdings immmer häufiger in längeren Einstellungen zu sehen, wodurch er doch beträchtlich von seiner übernatürlichen Bedrohlichkeit einbüsst. Deutlich wird dies am Beispiel der Szene, in der Crane einem Dorfbewohner im Kampf mit dem Reiter zu Hilfe kommt. Hier wäre weniger wohl mehr gewesen. Sparsamere, kürzere Auftritte des Kopflosen, ohne dem Zuschauer die Möglichkeit zu geben, die Gestalt eingehend zu betrachten, hätten wohl für ein intensiveres Gefühl der Bedrohung durch eine übernatürliche und nicht fassbare Erscheinung gesorgt.

Darüber hinaus gibt es an Sleepy Hollow kaum etwas auszusetzen. Am meisten haben mich die überaus stimmungsvollen Bilder mit ihrer gelungenen Musikuntermalung gefesselt. Auch die Handlung, mit den undurchsichtigen Dorfbewohnern, die einerseits Crane bei seinen Ermittlungen unterstützen, andererseits aber eigene Ziele verfolgen, ist zu jeder Zeit spannend. Folgerichtig gibt es auch eine unvorhergesehene Wendung der Geschehnisse und ein überraschendes Ende. Auch an den schauspielerischen Leistungen gibt es nichts auszusetzten. Herrausragend natürlich Jonny Depp als Constabel Crane. Mal als leicht besserwisserischer, idealistischer Ermittler, mal überängstlich im Angesicht der Bedrohung und dann wieder beinahe Heldenhaft. Jeden Charakterzug spielt Depp mit einem leichten Hang ins überzeichnete, was für mehrere witzige Momente sorgt, ohne die unheimliche Grundatmosphäre zu zerstören. Eine Gradwanderung die bei nur wenigen Filmen gelingt. Tanz der Vampire von Polanski fällt mir in diesem Zusammenhang ein. Sleepy Hollow ist allerdings deutlich ernster, düsterer und weitaus weniger komödienhaft.

Fazit: Optisch ist Tim Burtons Film absolte spitze, sowohl was Bildkomposition als auch Austattung betrifft. Der Film muss sich allerdings in keiner Weise auf die Wirkung der Bilder verlassen, die Handlung sorgt für einen stetigen Aufbau der Spannung parallel zu einem Gefühl der Bedrohung durch den Reiter. Sleepy Hollow ist ein rundum gelungener Gruselfilm mit Horrorelementen, der ohne meinen oben angesprochenen Kritikpunkt vielleicht das Zeug zu einem Meisterwerk gehabt hätte.